Wie kommt man aus der Monostruktur? Wo liegen Potenziale der Stadt? Themen, die auf dem Wirtschaftsempfang lebhaft diskutiert wurden.
UnternehmertreffenLeverkusens Wirtschaft braucht neue Impulse

Oberbürgermeister Uwe Richrath, WfL-Aufsichtsrätin Claudia Wiese, WfL-Chef Markus Märtens, Sparkassenvorstand Markus Grave und Marcus Otto von der Kreishandwerkerschaft (von links) diskutierten unter der Leitung von Christian Zöller.
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Voriges Jahr war das Geld so knapp, dass es eine Absage gab. Diesmal sorgten Sponsoren – und erstmals die Gäste mit einem Eintrittsgeld – dafür, dass der Leverkusener Wirtschaftsempfang wieder abgehalten werden konnte. Zu wichtig sei das Treffen von Unternehmern, gerade in schwierigen Zeiten. Das habe er aus der Wirtschaft gehört – und Sponsoren hätten sich ebenfalls gefunden, sagte Markus Märtens, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Leverkusen. Und die Zahl der Besucherinnen und Besucher am Montagabend zeigte, dass man diesen Abend besser nicht aus dem Veranstaltungskalender streichen sollte.
Bevor Jens Becker vom Spezialisten für chemische Additive Levaco seinen Nachfolger als Unternehmer des Jahres gebührend würdevoll vorstellen und Hendrik Stradtmann seinen Stolz sichtlich berührt ausdrücken konnte, wurde auf dem Podium diskutiert. Schließlich gab es kaum je mehr Themen, die Unternehmer in Leverkusen bewegen. Krisenzeiten sind Zeiten, in denen man miteinander reden muss.

Der Unternehmer des Jahres, Hendrik Stradtmann, mit Trinkwasser-Modulen
Copyright: Ralf Krieger
Im Zentrum standen die Fragen, wie sich in der extrem angespannten Haushaltslage dennoch wirtschaftliche Impulse setzen lassen. Und was man tun kann, um die Attraktivität des Standorts zu erhalten und auszubauen. Dabei wurde deutlich, dass vor allem die echten Vorteile Leverkusens gezielt gestärkt werden müssen – die starke Wirtschaftslandschaft, hervorragende Bildungsstrukturen und die gute Lage – und das zu einem niedrigen Gewerbesteuersatz. Auch, wenn der Hebesatz in absehbarer Zeit um 30 auf 280 Punkte steigen dürfte. So haben es die Koalitionäre in Berlin vereinbart, um das kommunale Gewerbesteuer-Dumping einzudämmen.
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Gewerbesteuer-Minus aus der Industrie
Die Antwort des Oberbürgermeisters auf die zentrale Frage nach dem beispiellosen Rückgang der Gewerbesteuer fiel gewohnt allgemein aus. „Wir hatten es mit einem starken Einbruch in der Industrie zu tun“, so Uwe Richrath. Er glaubt, dass es nicht so weit gekommen wäre, hätte sich denn die Ampel-Koalition zu einem Strom-Rabatt für Großverbraucher, von denen es im Chempark einige gibt, durchgerungen. Schwarz-Rot will das nachholen – wenn denn diese Regierung noch zustande kommt.
Als Vorstandschef der Sparkasse Leverkusen ist Markus Grawe einer der großen Finanzierer des Mittelstands. Er erkennt die Unsicherheit daran, dass weniger neue Kredite nachgefragt werden. Das sei „je nach Branche unterschiedlich“, aber generell zeige sich, dass Unternehmer länger überlegen, ob sie in neue Maschinen oder Programme investieren.
Eine „Delle“ im Wachstum hat auch Marcus Otto ausgemacht. Der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft glaubt aber, dass das Vergangenheit ist – auch wenn das Handwerk in Leverkusen stark von der Industrie abhängig ist. Die Krise dort könnte sich noch weiter auswirken – aber insgesamt zeigte sich Otto optimistisch.
Leverkusen fehlt Fläche
Klar ist: Für die wirtschaftliche Entwicklung braucht Leverkusen mehr Gewerbeflächen. Die sind „ein begrenzender Faktor“, räumte WfL-Chef Markus Märtens ein. „Da stehen wir in Konkurrent zu benachbarten Kommunen.“ Reserven sind selten – im Manforter Innovationspark geht noch ein bisschen was. Auf dem Büromarkt gehe es ebenfalls eng zu: Eine Leerstandsquote um die zwei Prozent zeigt, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt. Was kein Wunder sei, wenn man die Mieten mit denen in Köln und Düsseldorf vergleicht.
Wichtig sei aber auch, dass sich Unternehmen branchenübergreifend vernetzen müssen. Und dass nachhaltiges Wirtschaften ein Motor für Innovationen ist.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Fachkräftesicherung. Ziel müsse es sein, Talente zu gewinnen, zu binden und Leverkusen langfristig als beliebten Arbeits- und Lebensstandort zu etablieren. Handwerker-Chef Otto ist in der Hinsicht überraschend optimistisch: Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen sei gestiegen. Der Grund: „Junge Leute fragen viel mehr nach einer sinnvollen Tätigkeit.“ Die finde man eher im Handwerk. Erst recht im großen Generationswechsel: Mehr als 1000 Betriebe brauchen Nachfolger.