WiderspruchOB Reker stoppt Börschels Wahl

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Martin Börschel 240418

Martin Börschel

Köln – Die Entscheidung, ob der  SPD-Politiker Martin Börschel  in die Geschäftsführung des Stadtwerke-Konzern wechseln kann, wird ausgesetzt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker will in der für Montag, 30. April, angesetzten Sondersitzung eine Änderung des Verfahrens fordern. Demnach soll zuerst darüber  beraten werden, ob die   Stadtwerke einen zusätzlichen, mit bis zu 500.000 Euro im Jahr vergüteten Geschäftsführer  brauchen.  Wird  das bejaht, soll in einem zweiten Schritt die Stelle  ausgeschrieben werden. In dem Fall werde sich Börschel dem Verfahren stellen, heißt es in Kreisen des Aufsichtsrates.

Aufsichtsrat wollte Job ohne Ausschreibung vergeben

Der für Personalangelegenheiten zuständige  Ausschuss des Stadtwerke-Aufsichtsrats wollte den Job ohne Ausschreibung vergeben. Das jedoch wäre eine Verstoß gegen den Kodex der städtischen Unternehmen.  Außerdem  widerspricht  das undurchsichtige und übereilte Verfahren zur Schaffung eines neuen Spitzenpostens  der  Geschäftsordnung des Aufsichtsrates und der  Geschäftsordnung des Stadtrates.   

Sie habe die Unterlagen zur Personalie Börschel, die ihr als Mitglied des Aufsichtsrates „leider deutlich zu spät“ zur Verfügung gestellt worden seien, mittlerweile durchgearbeitet und sei zu dem Schluss gekommen, dass diese nicht aussagekräftig genug seien. Nach der „zu Recht auch in der Öffentlichkeit entstandenen Empörung über die Art und Weise des Verfahrens“ müsse es im höchsten Interesse der Stadtwerke sein, zu einem ordentlichen Prüf- und Besetzungsverfahren zu kommen.

Grüne wollen Reker unterstützen

„Die öffentliche Debatte zeigt, dass viele Fragen offen sind“, sagt die grüne Fraktionschefin Kirsten Jahn. Die Grünen wollen den Kurs der Oberbürgermeisterin unterstützen. Ein transparentes Verfahren liege „sicher im Interesse aller – auch derer, die sich für den Job interessieren.“ Intern ist davon die Rede, das „Verfahren heilen“ zu wollen. Ob das überhaupt noch geht, ist allerdings unklar. Der Schaden für die Kölner Politiker ist – parteiübergreifend – enorm.

Deutliche Kritik am Verfahren 

Vor allem an der grünen Parteibasis brodelt es. Dass die Fraktionsspitze mit Jahn und Geschäftsführer Jörg Frank eingeweiht und am Verfahren beteiligt war, ist für kaum einen nachvollziehbar. Die Parteivorsitzenden Katja Trompeter und Frank Jablonski hatten in der vorigen  Woche deutliche Kritik am Verfahren geübt, nachdem  die Fraktionsspitze in einer Pressemeldung von „einvernehmlichen Beratungen mit der Arbeitnehmervertretung in den Stadtwerke-Gremien“ berichtet hatte. 

Doch ganz so einvernehmlich scheint das nicht zu sein, was hinter den Kulissen lief und läuft. Klar scheint, dass die treibende Kraft im Entscheidungsprozess nicht das schwarz-grüne Ratsbündnis, sondern die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gewesen sind. So soll die Idee, Börschel für den Job vorzuschlagen, im Betriebsrat von KVB und vor allem der Rhein-Energie gereift sein – und bei Börschel auf großes  Interesse gestoßen sein. Der Plan, einen hauptamtlichen Geschäftsführer zu installieren, werde bereits seit Jahren diskutiert, heißt es bei allen Beteiligten.

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Als dann klar geworden sei, dass Aufsichtsratschef Martin Börschel seinen Job als Berufspolitiker an den Nagel hängen wolle, habe man ihn gefragt. Die CDU sei über ihren vor allem bei der Rhein-Energie starken Arbeitnehmerflügel eingebunden worden.  Parteichef Bernd Petelkau habe schließlich nur noch die Wahl zwischen zwei aus seiner Sicht wenig attraktiven Alternativen gehabt: die Wahl Börschels zu unterstützen oder zu riskieren, dass die Arbeitnehmervertreter und SPD in Zukunft in allen Stadtwerke-Unternehmen „durchregieren“. Die Mehrheiten dazu bestanden schon immer. Bislang galt jedoch der Grundsatz, dass sich die Arbeitnehmer-Vertreter in den Aufsichtsräten bei Personalfragen zurückhalten, wenn  sich die Vertreter des Gesellschafters,  also des Stadtrates und der Stadtverwaltung,  einig sind.

Über Parteigrenzen hinweg einig

Das war nun offensichtlich anders: Über die Parteigrenzen hinweg sei man sich im Arbeitnehmerlager einig gewesen, dass Martin Börschel ein guter Mann für die Zukunft der Stadtwerke sei. Vor dem Hintergrund sich verändernder Rahmenbedingungen für kommunale Unternehmen, einer schwierigeren Konkurrenzsituation für die Rheinenergie und anderen Herausforderungen, die anstünden, verspreche man sich „viel von der Personalie“, sagt ein hochrangiger Gewerkschafter. 

Unklar bleibt, ob CDU-Parteichef Bernd Petelkau im Entscheidungsprozess eigene Ziele mitverabreden konnte: So müssen die Spitzenposten bei KVB  und Schwimmbädern neu besetzt werden. Außerdem versuchen CDU und Grüne weiterhin, die SPD  für eine Abwahl der Kulturdezernentin zu gewinnen.  Ob es entsprechende Verabredungen gibt, will keiner bestätigen. Offen ist auch, ob sich eine SPD – die von den Plänen ihres Fraktionschefs  offensichtlich ähnlich überrascht und in ihrer Glaubwürdigkeit beschädigt wurde wie die meisten anderen auch – einfach so verplanen lässt.

Petelkau sagte zu dem von Reker angekündigten Antrag im Stadtwerke-Aufsichtsrat:  „Wir werden den Vorschlag der Oberbürgermeisterin prüfen und zeitnah entscheiden. Es hat sich gezeigt, dass es noch eine Reihe von Fragen gibt.“  FDP-Fraktionsvorsitzender Ralph Sterck  will den „Vorstoß der  Oberbürgermeisterin unterstützen,  denn er ist in dieser brisanten Frage für den Stadtwerkekonzern die einzig angemessene Vorgehensweise“. Es könne  nicht sein, dass bei einem städtischen Tochterunternehmen „ein solcher Handstreich hinter dem Rücken des gewählten Stadtoberhaupts vollzogen wird“.

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