Proteste für den Erhalt Lützeraths: Eine Polizeikette steht zwischen der Ortschaft und den Aktivistinnen und Aktivisten. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke ein.
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Zweieinhalb Jahre haben sich Klimaaktivisten auf die Räumung Lützeraths vorbereitet. Dass in wenigen Tagen die Blockade gebrochen sein könnte, entzündet die Debatte über die Form des Protests.
Es ist ein langer Tross, der sich entlang der Landstraße 12 bei Keyenberg windet. Es regnet, der Wind peitscht über die Felder. Musik wummert aus einem Lkw. Eminem, Ärzte und der Demoklassiker „Wind of Change“ von den Scorpions. Mittendrin stapft Thomas aus Braunschweig. Mit ihm haben sich Zehntausende Menschen an diesem Samstagmorgen auf den Weg gemacht, um am Rande des Tagebaus Garzweiler II gegen die Räumung und für den Erhalt des Dorfes Lützerath zu demonstrieren. Der Kundgebungsplatz wurde auf einem Acker errichtet. Der Matsch ist so tief, dass Schuhe darin stecken bleiben.
Lützerath: Tausende bei Großdemonstration gegen Tagebau-Erweiterung
Thomas, 40, ist Mitglied der „Letzten Generation“ und aus Braunschweig angereist. Im März vergangenen Jahres besuchte er erstmals eine Veranstaltung des Aktionsbündnisses. Im April klebte er bereits das erste Mal auf einer Straße. Inzwischen laufen gegen ihn vier Strafverfahren. Er ist überzeugt: „Das Symbol 1,5-Grad wird hier erhalten oder fallen.“
18. Januar: RWE-Bagger reißen die letzten Häuser des Dorfes Lützerath ab.
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Lützerath: Polizisten stehen vor einer Gruppe von Demonstranten, darunter auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg (Mitte, unten). Mittlerweile wurde die Gruppe wieder freigelassen.
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Polizisten tragen die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg aus einer Gruppe von Demonstranten und Aktivisten heraus und vom Rand des Braunkohlentagebaus Garzweiler II weg.
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Lützerath-Proteste: Neben den Protesten rund um Lützerath werden auch immer wieder Braunkohlebagger besetzt. Am Montag (16. Januar) gab es eine Besetzung im Tagebau Hambach (Foto). Am Dienstag (17. Januar) wurde der Bagger im Tagebau Inden besetzt.
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Die beiden Aktivisten, die in den letzten Tagen in einem Tunnel unter Lützerath ausgeharrt hatten und sich „Pinky & Brain“ nannten, winken in die Kamera, nachdem sie ihren Protest am Montag beendet haben.
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Zwei Aktivisten, die seit Tagen in einem Tunnel unter Lützerath ausgeharrt haben, haben am Montagmittag ihren Protest beendet und den Tunnel verlassen.
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Demonstration in Lützerath am Samstag: eine Polizeikette hält Demonstrierende zurück, die Polizei setzt auch Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray ein.
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Lützerath am Samstag: Reiterstaffeln der Polizei gehen gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vor.
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Aktivistinnen und Aktivisten durchbrechen am Samstag die Reihen der Polizei nahe der Ortschaft Lützerath.
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Demonstration in Lützerath am Samstag: Polizisten stehen hinter Greta Thunberg (braune Mütze) und weiteren Klimaaktivisten
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Lützerath am Samstag: Einzelne Bauhäuser der Klimaschützer stehen noch. Aktivisten beobachten aus der Ferne Polizisten.
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Polizei steht vor einem Abrisshaus in Lützerath. Die Demonstration fand unter dem Motto 'Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit' statt.
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Lützerath. Polizeibeamte und Klimaschützer und Demonstrantinnen stehen sich gegenüber.
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Lützerath: Die Polizei fährt mit einem Wasserwerfer bei einer Demonstration an Klimaaktivisten vorbei.
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Polizisten und Klimaschützer stehen sich bei der Demonstration in Lützerath gegenüber.
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Die bekannte Klima-Aktivistin Greta Thunberg hält ein Mikrofon während der Kundgebung nahe Lützerath am Samstag.
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Polizeibeamte im Einsatz an der Abbruchkante in Lützerath, wo zahlreiche Menschen demonstrieren.
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Personen stehen nah an der Abbruchkante des Tagebaus, die Polizei warnt ausdrücklich vor Gefahren.
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Die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer (r) und Greta Thunberg (2.v.r) stehen am dritten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath. Der Energiekonzern RWE will die unter Lützerath liegende Kohle abbaggern - dafür soll der Weiler auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz am Braunkohletagebau Garzweiler II abgerissen werden.
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Polizisten und Demonstranten mit erhobenen Händen stehen sich bei der Demonstration von Klimaaktivisten am Rande des Braunkohletagebaus bei Lützerath gegenüber, im Hintergrund ein Kohlebagger.
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Ein Demonstrant geht vor Polizisten bei der Demonstration von Klimaaktivisten am Rande des Braunkohletagebaus bei Lützerath mit ausgebreiteten Armen auf die Knie.
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Zahlreiche Menschen nehmen an der Demonstration von Klimaaktivisten bei Lützerath unter dem Motto 'Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit' teil.
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'Die richtige Kohle abbaggern' ist auf dem Transparent zu lesen, das von Demonstranten getragen wird. Die Demonstration von Klimaaktivisten bei Lützerath findet unter dem Motto 'Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit' statt.
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Ein Baum, in dem früher ein Holzhaus war, wird am zweiten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath, zersägt.
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Umweltaktivistin Luisa Neubauer wird von Polizisten während einer Sitzblockade weggetragen. Die Demonstranten hatten versucht am zweiten Tag der Räumung durch die Polizei über Äcker zum besetzten Braunkohleort Lützerath zu gelangen und wurden von der Polizei gestoppt.
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Die Polizei hat ein von Aktivisten errichtetes Baumhaus abstürzen lassen.
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Zweiter Räumungstag: Polizisten stehen auf eine Hebebühne vor einem Bauernhof. Aktivisten haben Pyrotechnik gezündet.
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Zweiter Tag der Räumung: Polizisten stehen vor einem errichteten Haus der Aktivisten.
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Baumhäuser der Aktivisten in Lützerath.
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Die Dimensionen von Lützerath – das Dorf Lützerath soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II abgebaggert werden.
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Die Polizei kesselt am zweiten Räumungstag Demonstranten ein, unter ihnen auch die Klimaaktivistin Luisa Neubauer.
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Polizisten untersuchen am zweiten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath ein verlassenes Holzhaus.
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Polizisten verschaffen sich am zweiten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath Zutritt zu einem Gebäude.
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Polizisten stehen am zweiten Räumungstag vor Teilen eines alten Bauernhofs, Aktivisten protestieren auf dem Gebäude.
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Umweltaktivistin Luisa Neubauer spricht vor Beginn einer Demonstration gegen den Kohleabbau in die TV-Kameras.
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Mit einem Schneidbrenner wird bei der Räumung des Dorfes Lützerath eine Barrikade zerlegt, um sie anschließend entfernen zu können.
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11. Januar: Polizisten rücken in den von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath vor und öffnen das Tor einer Halle auf der Suche nach Aktivisten.
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Die Polizei rückt zu einem besetzten Haus in Lützerath vor.
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Ein Bagger reißt am dritten Tag der Räumung im von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath eine Wand an dem ehemaligen Bauernhof von Eckardt Heukamp, genannt „der letzte Bauer von Lützerath“, ein.
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Klimaaktivisten, die den besetzten Braunkohleort Lützerath freiwillig verlassen, werden von der Polizei begleitet.
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Polizisten rücken in den von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath vor und stehen einem Aktivisten gegenüber.
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Klimaaktivisten stehen im besetzten Braunkohleort Lützerath auf einer Holzhütte.
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Ein Klimaaktivist hängt im besetzten Braunkohleort Lützerath an einem Drahtseil.
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Ein Aktivist in Lützerath hat sich angekettet. Die Hände sind mit Klebstoff und Glitter bedeckt, um Fingerabdrücke unkenntlich zu machen.
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Polizisten rücken in den von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath vor.
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11Januar: Polizisten rücken in den von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleort Lützerath vor. Die Räumung beginnt.
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Aktivisten und Polizisten stehen sich am Rande des besetzten Braunkohleorts Lützerath direkt gegenüber.
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Aktivisten stehen am Rande des besetzten Braunkohleorts Lützerath. Mit der Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Ortes am Braunkohletagebau wird ab diesem Mittwoch gerechnet.
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Die Polizei hat das Dorf Lützerath umstellt. Der Energiekonzern RWE will die unter Lützerath liegende Kohle abbaggern - dafür soll der Weiler auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz abgerissen werden. Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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11. Januar: Die Polizei fordert per Lautsprecherdurchsage alle Aktivisten dazu auf, die „Ortslage Lützerath“ zu verlassen. In Kürze werde ein Zaun um Lützerath gezogen
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Klimaaktivisten stehen am Sonntag in Lützerath an der Abbruchkante.
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„Lützi bleibt“, haben Demonstrierende am Sonntag in Lützerath aus Steinen gelegt.
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Die Klimaaktivisten in Lützerath zeigen eine Figur von Armin Laschet mit Narrenkappe
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Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dorfspaziergangs in Lützerath gehen durch das Dorf.
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Zelte der Klimaschutzaktivisten stehen in Lützerath.
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Vor der erwarteten Räumung des Braunkohledorfes Lützerath: Ein Teilnehmer des Dorfspaziergangs trägt am Sonntag einen Globus mit einem Fähnchen mit dem Ortsnamen „Lützerath“ und dem Schriftzug „Kohle stoppen“.
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Vor der erwarteten Räumung des Braunkohledorfes Lützerath: Barrikaden von Aktivisten sollen das Dorf schützen.
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Aktivistinnen und Aktivisten haben das Braunkohledorf Lützerath besetzt.
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Ein Absetzer arbeitet im Tagebau Garzweiler 2. Lützerath soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II abgebaggert werden.
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Klimaschutzaktivisten haben auf einer Straße im Braunkohledorf Lützerath eine Gasflasche einbetoniert.
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Zwei Klimaschutzaktivisten sitzen auf einem Monopod am Rand des Braunkohledorfes Lützerath.
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An einem Haus im Dorf Lützerath hängt ein Banner mit der Aufschrift „1,5 Grad Celsius heißt: Lützerath bleibt“.
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Zwei Klimaschutzaktivisten sitzen vor einem Schaufelradbagger am Rand des Braunkohledorfes Lützerath.
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Klimaschutzaktivisten haben eine Straße im Braunkohledorf Lützerath mit einem Wohnwagen und Steinen verbarrikadiert
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Polizisten beobachten zwei Klimaschutzaktivisten die auf einem Monopod am Rand des Braunkohledorfes Lützerath sitzen.
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Auf einem Feld im Stadtteil Keyenberg bereiten Klimaschutzaktivisten vor der erwarteten Räumung des Braunkohledorfes Lützerath ihr Mittagessen vor.
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Vor der erwarteten Räumung des Braunkohledorfes Lützerath, sitzen Aktivisten auf Barrikaden.
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6. Januar 2023: Vor der erwarteten Räumung des Braunkohledorfes Lützerath, veranstalten christliche Gruppen eine Sternsinger-Aktion und ziehen mit einem Holzkreuz und einem gelben Stoffkreuz durch das Camp der Aktivisten.
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Polizisten beobachten eine Blockade durch Umweltaktivisten vor dem Braunkohletagebau in Lützerath.
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Die Menschenmassen schwemmen in alle Richtungen. Einige Hundert haben sich direkt zur Grabungskante begeben, um einen Blick zu erhaschen in das riesige Loch, das der Energiekonzern hier gegraben hat, um Braunkohle abzubauen. Gleich dahinter: Lützerath, wo sich zur selben Zeit die letzten verbliebenen Baumhaus-Bewohner gegen die Räumung der Polizei wehren und zwei Menschen in einem Tunnel ausharren. Auf der Bühne performt Klima-Rapper Conny.
Es spricht Peter Donatus, Aktivist aus Nigeria, der inzwischen in Köln lebt. Er redet vom „Klimaverbrecher“ RWE und davon, dass man das Unternehmen vor Gericht bringen müsse. Die Menge jubelt. Er spricht auch von den Grünen, die hier keine einzige Fahne in den Wind halten. „Ihr habt uns verraten. Jetzt werden wir euch bekämpfen.“ Die Menge jubelt wieder.
Demo in Lützerath: Greta Thunberg und der Marsch der Frustrierten
Kurz nach halb drei dann kommt Greta Thunberg, gehüllt in eine blaue Daunenjacke, der Wind weht beinahe ihre Mütze vom Kopf. Auf den Auftritt der schwedischen Protestikone haben hier die meisten gewartet. Er dauert nur wenige Minuten. Sie prangert das kapitalistische System an, das Profit über Menschenwohl stelle. Und fordert, den CO2-Ausstoß zu stoppen. Sie schließt mit der Hauptparole dieser Tage: „Lützi lebt“
Doch eigentlich ist Lützi schon so gut wie weg. Am Mittwoch hatte die Räumung begonnen, schon am Freitag war der Ort so gut wie leer. Häuser, auf deren Dächern kürzlich noch vermummte Menschen in Maleranzügen saßen, hat RWE bereits abgerissen. Lützerath verblasst, verschwindet Stück für Stück, bis es demnächst, so der Plan, im großen Loch verschwindet. Für die Braunkohle.
Lützerath: Zweieinhalb Jahre vorbereiteter Widerstand in wenigen Tagen gebrochen?
Die Großdemo ist auch ein Marsch der Frustrierten. Die Rasanz der Räumung hat viele in der Bewegung nachdenklich gemacht. Die meisten Aktivisten hatten sich einem friedlichen Protest verschrieben. Bis auf wenige Zwischenfälle war das Vorhaben auch eingehalten worden. Das bestätigt auch die Polizei. Zweieinhalb Jahre hatten sich die Aktivisten auf diesen Augenblick vorbereitet. Innerhalb weniger Tage war ihr physischer Widerstand gebrochen. Einer nach dem anderen wurde wegtragen, aus Lock-ons gemeißelt, aus Baumhäusern und selbst gezimmerten Hütten gezerrt. Manche fragen sich: Ist das noch der richtige Weg?
Die Debatten über die Protestformen seien bereits im Gange, sagt Florian Özcan, einer der Sprecher von „Lützerath lebt“. „Wir müssen uns schon fragen, ob friedlicher Protest in einer Demokratie noch das ist, was etwas bringt“. Er ist wütend, enttäuscht, aufgebracht. „Wir haben uns hier mit unseren Körpern der Kohleförderung in den Weg gestellt, um zu zeigen, wie wichtig es ist, dass die Kohle im Boden bleibt, um die Klimaziele zu erreichen“, sagt er. „Dieser Protest hat nichts gebracht.“
Gewalttäter unter Klimaschützern müssen Sanktionen aus eigenen Reihen fürchten
Die Aktionsbündnisse, die am Protest in Lützerath beteiligt sind, haben sich Gewaltfreiheit als Aktionskonsens auf die Fahnen geschrieben. Als Maximum wurde der zivile Ungehorsam festgelegt. Also festketten, kleben, den Arm einbetonieren, sich wegtragen lassen. Wer ausschert und doch mal einen Stein schmeißt oder einen Molotovcocktail muss in den eigenen Reihen keine Sanktionen fürchten. „Jeder entscheidet und rechtfertigt sein Handeln für sich selbst“, sagt Alma, die aus Frankreich kommt und am Freitag aus einem Baumhaus geholt wurde. „Wir haben keine Anführer. Und auch keine roten Linien.“ Aktionsanarchie also.
Die Bewegung selbst spricht von unterschiedlichen Aktionsleveln. In den Bündnissen kann da jeder Interessierte das richtige für sich finden. Die Gemäßigten bei Fridays for Future, die etwas Radikaleren in unterschiedlichen Abstufungen bei „Ende Gelände“, „Letzte Generation“ oder „Extinction Rebellion“.
Aktivisten wandern auf schmalem Grat: Es geht ums große Ganze
Es ist ein schmaler Grad, auf dem die Aktivisten wandern. Sobald ein Stein fliegt, werden sie zu Klimaterroristen erklärt, zu linksextremen Krawallmachern. Dann wird bisweilen auch die Politik in ihrer Rhetorik radikal, spricht wie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt von einer „Klima-RAF“, die daraus hervorgehen könnte. Die Kriminalisierung durch hohe politische Ebenen aber führt in der Bewegung zu noch mehr Verdrossenheit und der Bestätigung, dass es richtig ist, sich von dem Parteiensystem abzuwenden.
Was die Aktivisten immer betonen, ist, dass es ihnen um das große Ganze geht: Ausstieg aus der fossilen Energiegewinnung, Einhaltung des 1,5-Grad-Ziel, Klimagerechtigkeit, Erhalt der Zivilisation, Kampf gegen Kapitalismus, Verschwendung, Ausbeutung, Rassismus, Sexismus, den. Sie bezeichnen es als kleingeistig, sich im Kontext dieser Herausforderungen und globalen Bedrohungen an geworfenen Steinen abzuarbeiten, statt den Fokus auf die vielen Probleme zu legen.
Dass Kritiker ihnen moralische Arroganz vorwerfen, schert sie nicht. So lange ihren Forderungen nicht nachgekommen wird, wollen sie sich wehren. Je träger politische Lösungen angeboten werden, desto schärfer wird sich der Protest ausgestalten. „Lützerath war nicht der erste Kampf, es wird auch nicht der letzte sein“, sagt eine Aktivistin. Wie diese Kämpfe künftig geführt werden, bleibt abzuwarten.
Aber auch der Kampf um den Weiler am Rand des großen Lochs ist noch nicht zu Ende. Auf der Bühne steht David Dresen von der regionalen, Initiative „Alle Dörfer bleiben“, ein bürgerliches Bündnis. Den Zehntausenden Demonstranten ruft er plötzlich zu: „Geht nach Lützerath rein. Lasst euch nicht aufhalten. Macht alles, was ihr für richtig haltet.“ Einige verstehen das als Aufruf zur Stürmung.
Kurz darauf versammeln sich Hunderte Demonstranten vor dem Zaun, den RWE um den Ort gezogen hat. Gepanzerte Polizisten beziehen Stellung. Die Lage wirkt bedrohlich. Es wird geschoben und auch geschrien. Die Polizei setzt Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Die Aktivsten sprechen später von „Polizeigewalt“ und beklagen Verletzte. Mit der Dunkelheit beruhigt sich die Lage etwas. Doch die Debatte über künftigen Protest brodelt. (mit mab)