Kommunalwahl in KölnGemischte Gefühle bei der SPD – Zweitstärkste Kraft

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Andreas Kossiski

Kölner SPD-Kandidat Andreas Kossiski (Mitte) mit Christiane Jäger, Christian Joisten

  • Bei der Kommunalwahl in Köln hat die SPD rund 22 Prozent der Stimmen geholt und ist damit zweitstärkste Kraft im neuen Rat, sehr deutlich hinter den Grünen.
  • Nun ist eine Zusammenarbeit mit den Grünen wieder in den Bereich des Denkbaren gerückt.

Köln – Es dauerte keine halbe Minute, da wurde aus lautem Beifall im Stapelhaus am Rhein enttäuschtes Schweigen. Kaum war um kurz nach 18 Uhr die Prognose der für die SPD erfreulichen OB-Wahl vom großen Schirm verschwunden, kam die bittere Botschaft für die Sozialdemokraten. 20 Prozent, drittstärkste Kraft im neuen Rat, sehr deutlich hinter den Grünen. Das hatten sich die Genossen anders vorgestellt. Erst am späteren Abend zeichnete sich ab, dass die SPD noch etwas aufholen und die CDU überholen sollte.

Womöglich hat Fraktionschef Christian Joisten das geahnt, als er kurz  nach der Verkündung der Prognosen betonte, dass so ein Wahlabend seine eigene Dynamik habe und das Ergebnis „noch nicht in Stein gemeißelt ist“. Schließlich seien die Briefwähler, die nicht für die Prognose befragt wurden, eher SPD- oder CDU-Anhänger. Gegen 22.30 Uhr schließlich lag die SPD schon bei knapp 22 Prozent – nur noch sechs Prozent hinter den Grünen. Aber auch da waren noch nicht alle Stimmkreise ausgezählt.

„Die Fraktion steht hinter mir – egal wie groß sie ist.“

Schnell war die Stimmung im Stapelhaus weniger gedrückt – spätestens, als OB-Kandidat Andreas Kossiski zum Ergebnis der Ratswahl empfahl: „Seid nicht traurig!“ und: „Die Fraktion steht hinter mir – egal wie groß sie ist.“ Auch Parteichefin Christiane Jäger konnte den gut 20 Prozent zu diesem Zeitpunkt etwas Positives abgewinnen: „Im Vergleich zur Europawahl im vergangenen Jahr, bei der die SPD in Köln bei 18 Prozent lag, haben wir deutlich zugelegt. Die Richtung ist richtig, wir haben die Talsohle durchschritten“, sagte Jäger. Dennoch: „Man wünscht sich immer mehr.“

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Andreas Kossiski, OB-Kandidat der Kölner SPD

Trotz des historisch schlechten Ergebnisses  ist klar, dass die SPD im neuen Stadtrat Verantwortung übernehmen will. Selbst eine Zusammenarbeit mit den Grünen ist wieder in den Bereich des Denkbaren gerückt, zumal man vor wenigen Tagen bereits gemeinsam beschlossen hatte, die Rettungshubschrauberstation auf dem Kalkberg aufzugeben. Da bei Grünen und SPD ein Generationswechsel ansteht, ließen sich  auch die Streitigkeiten, die noch aus der letzten gescheiterten Zusammenarbeit resultieren, beilegen.

„Die SPD will mitgestalten, in welcher Konstellation auch immer“, sagte Fraktionschef Christian Joisten. Sollte für ein grün-rotes Bündnis ein dritter Partner nötig sein, kämen Linke oder Volt infrage, war im Stapelhaus zu hören – mit beiden gebe es ausreichend Schnittpunkte. Das größte Konfliktpotenzial zwischen Grünen und SPD liegt im Thema Flächenverbrauch. Während die Grünen möglichst wenig Flächen versiegeln wollen, drängt die SPD darauf, möglichst viele Wohnungen zu bauen.

Parteichefin Christiane Jäger zeigte sich zufrieden, dass die SPD nach vielen internen Streitigkeiten  endlich zu ihrer Geschlossenheit zurückfinde. Sie erlebe eine lebendige, nach vorne gerichtete SPD, die nach langer Zeit an einem Strang ziehe.

Kampf um den Fraktionsvorsitz

Offen bleibt die Frage, wer die neue Ratsfraktion anführen wird. Mit Fraktionschef Joisten und  Parteichefin Jäger stehen zwei mögliche Kandidaten bereit. Sollte OB-Kandidat Andreas Kossiski  die Stichwahl gegen Henriette Reker nicht gewinnen, könnte auch er seinen Hut in den Ring werfen. Als Landtagsabgeordneter und somit als Berufspolitiker wäre er dazu in der Lage, viel Zeit auf die Arbeit als Fraktionschef zu verwenden.   Darüber hinaus hat er sich bislang aus den Konflikten der gespaltenen Fraktion nicht auf eine der beiden Seiten geschlagen. Das würde einen Neuanfang in der Fraktion sicher erleichtern.

Je später der Abend im Stapelhaus wurde, desto mehr ähnelte die Wahlparty einer Gartenparty am altstädtischen Rheinufer. Die Direktkandidaten und die Genossen aus den Bezirken aktualisieren regelmäßig die Hochrechnungen auf ihren Tablets „Der Andreas“ hat „ganz schön performt“, sagt ein junges Parteimitglied, „die Partei bisher noch nicht so ganz“.

Auch Urgestein Josef Wirges, Bezirksbürgermeister in Ehrenfeld,  brachte es auf den Punkt: „Das Ratsergebnis ist ein Schlag in die Magengrube. Viele Wähler können sich anscheinend einen SPD-Oberbürgermeister vorstellen, aber wollen keine großen Veränderungen im Rat.“

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