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Einzelhandel Schlebusch„Wir wissen nicht, was in sechs Monaten sein wird“

Lesezeit 3 Minuten
Fußgängerzone Schlebusch 5 Leerstand

Das Ladenlokal neben der wohl ewigen Brandruinen-Baustelle Alt Schlebusch steht leer. Den Platz davor nutzt das benachbarte Café.

Leverkusen – Erst Corona, dann die Flut und jetzt die Energiekrise mit Inflation: In Schlebusch kämpfen Händlerinnen und Händler mit der aktuellen Situation. „Die Stimmung ist sehr durchwachsen“, sagt Ulrich Kämmerling, Erster Vorsitzender der Werbe- und Fördergemeinschaft Schlebusch. „Von absoluten Pessimisten bis hin zu Optimisten ist alles dabei.“

Es sei sehr branchenabhängig, findet er, vor allem die Gastronomie und die Bäckereien seien gebeutelt. Er habe sich kürzlich mit einem Bäcker unterhalten, da habe sich der Strom verdreifacht, die Waren, die er anbietet, müssten eigentlich so teuer sein, dass sie dann niemand kaufen würde. „Der ist ratlos“, fasst Kämmerling zusammen.

Auch Gastronomen könnten das Essen nicht beliebig teurer machen. „Schlebusch wird ja gern nachgesagt, eine Insel der Glückseligkeit zu sein, mit kaufkräftiger Klientel. Aber selbst eine gut situierte Klientel wird Essengehen irgendwann zum Luxus erklären“, befürchtet Ulrich Kämmerling. 

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Leerstand ja, aber keine zu hohen Mieten

Dass Schlebusch ein Problem mit zu hohen Mieten habe, habe er noch von niemandem gehört. In Wiesdorf, wo es mehr Leerstand gibt, war kürzlich eine Ladenübergabe aufgrund einer Mieterhöhung geplatzt.

Leerstand gebe es auch in Schlebusch, räumt der Vorsitzende der Werbegemeinschaft ein, und weist auf das Geschäft rechts neben der Bauruine Alt Schlebusch hin. Früher sei dort ein Bekleidungsladen gewesen, aktuell steht der Laden leer. Kämmerling wundert sich nicht: „Mit dieser Brache nebenan …“ Man habe versucht, Gespräche mit dem Eigentümer zu führen, „es gibt keine Lösung“, sagt er frustriert. Anfang des Jahres hat die Stadt den Abbruch verfügt, doch nur wenig später ging es nicht mehr voran.

Ansonsten gebe es immer mal wieder Leerstand, der dann aber wieder verschwindet. „Wir wissen natürlich nicht, was in sechs Monaten sein wird.“

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Geschäfte wie die Nähszene oder der Unverpacktladen hält der 50-Jährige, der mit seiner Frau die Even­tagen­tur Artimage betreibt, für krisensicher. Das seien Läden für Menschen, die umgedacht und verstanden hätten, dass die Krise und Klimawandel miteinander zu tun haben, und das dann umsetzen möchten. Dazu gehöre auch der Bauernmarkt.

Alternative Energien durchaus Thema

Den einen oder anderen Händler gebe es auch, der sich mit dem Thema Erneuerbare Energie beschäftige, sei es mit Sonnenkollektoren oder einem Blockheizkraftwerk. Allerdings habe Schlebusch auch viele Gebäude unter Denkmalschutz, was alles verkompliziere.

Die Flut 2021 sei eine „besondere Herausforderung“ gewesen, die Geschäfte haben wieder geöffnet, doch „wir haben nach wie vor mit den Auswirkungen zu kämpfen“, sagt Ulrich Kämmerling. Beispielsweise sei das Alte Bürgermeisteramt noch geschlossen, das merke man an der Frequenz in diesem Teil der Fußgängerzone. „Die Ecke ist deutlich ausgestorbener als früher.“ Das Hochwasser sei immer noch in vielen Köpfen. „Die Leute fragen sich: Reicht der Deich?“

Adventsmarkt auf der Kippe

Die Werbe- und Fördergemeinschaft versucht zu unterstützen, musste aber jüngst auch Rückschläge einstecken, wie beim Schlebuscher Wochenende im September, das buchstäblich ins Wasser gefallen war. „Der Martinsmarkt wird Leben reinbringen“, ist sich Ulrich Kämmerling sicher.

Sorgen bereitet ihm der ursprünglich geplante Adventsmarkt. „Der steht derzeit zur Disposition.“ Viele Händler hätten dem Organisator bereits abgesagt. Nun ist die Idee, daraus einen Vereins-Adventsmarkt zu formen. Man befinde sich zurzeit in Gesprächen mit den Vereinen, die Karnevalsgesellschaft Grün-Weiß erhebt gerade ein Stimmungsbild.

Sollte das nicht auf die Beine gestellt werden können, wäre auch der Anlass für den verkaufsoffenen Sonntag im Advent passé: „Das wäre für die Händler fürchterlich.“ Doch egal, wie es ausgeht, an der Grundidee, ein Wochenende für Vereine zu gestalten, möchte Ulrich Kämmerling festhalten.

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